
Innovation is more than new technology
Innovation ist mehr als nur eine neue Technik – dieser Satz mag zunächst banal klingen, trifft aber den Kern moderner Gesellschaft. Der wahre Innovationsbegriff ist weitaus facettenreicher als gemeinhin angenommen, und geht weit über rein technologische Entwicklungen hinaus. Innovation bedeutet nicht nur die Entwicklung neuer technischer Geräte, sondern umfasst auch neue Denkweisen, Prozesse und soziale Praktiken, die unsere Gesellschaft grundlegend verändern können – wie beispielsweise die Einführung flexibler Arbeitszeiten oder nachhaltigerer Wirtschaftsmodelle.
Während technische Innovationen – sei es künstliche Intelligenz, nachhaltige Energiesysteme oder neue Mobilitätskonzepte – oft im Rampenlicht stehen, sind es die sozialen, organisatorischen und kulturellen Dimensionen der Innovation, die über Erfolg oder Scheitern entscheiden. Ein Elektroauto ist nur dann innovativ, wenn es eine signifikante Verbesserung, zum Beispiel im Hinblick auf Reichweite, Preis und Funktionalität, stets in Relation zu bisherigen Mobilitätslösungen, darstellt. Diese Verbesserung muss von Menschen wahrgenommen, erkannt und verstanden werden. Gelingt dies nicht, setzt sich die Innovation nicht durch.
Zudem wird der Erfolg von Innovationen maßgeblich durch ihre Integration in bestehende Systeme und gesellschaftliche Strukturen bestimmt. Eine Innovation, so fortschrittlich sie auch sein mag, kann nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn sie mit der vorhandenen Infrastruktur, den Nutzergewohnheiten und kulturellen Vorstellungen harmoniert. Die Innovation muss erfolgreich eingebettet und anschlussfähig sein. Am Beispiel der Elektromobilität wird deutlich, dass selbst technisch ausgereifte Fahrzeuge ohne ein flächendeckendes Ladenetz, angepasste Wartungsstrukturen und die Bereitschaft der Menschen zum Umdenken nicht erfolgreich sein können. Die Transformation hin zu nachhaltiger Mobilität erfordert daher nicht nur innovative Fahrzeugtechnologien, sondern auch neue Konzepte für Stadtplanung, Energieversorgung und Sharing-Modelle. Dieser systemische Blick zeigt, dass erfolgreiche Innovationen stets Teil eines größeren Wandels sind, bei dem technische, soziale und infrastrukturelle Veränderungen Hand in Hand gehen müssen.
Der Innovationsprozess erfordert deshalb einen ganzheitlichen Ansatz, der verschiedene Perspektiven und Dimensionen systematisch und strukturiert berücksichtigt: Wenn Geschäftsmodelle verändert werden oder neue Geschäftsmodelle entstehen, wenn Arbeitskulturen oder Gesellschaftsstrukturen der Mobilität transformiert werden, dann werden auch neue soziale Praktiken notwendig, weil etablierte Denkmuster hinterfragt und herausgefordert werden. Es entstehen Spannungen und Konflikte. Das ist normal und zeigt das komplexe Zusammenspiel der unterschiedlichen Dimensionen. Verständnis der verschiedenen Dimensionen, Beteiligung und Auseinandersetzen mit den Schwachstellen von Innovationen, am besten im Rahmen eines vorurteilsfreien Lernprozesses, sind notwendig und hilfreich.
Innovation ist damit vor allem eine soziale Praxis – sie entsteht im Zusammenspiel verschiedener Akteure und vor dem Hintergrund spezifischer Strukturen, in der vorurteilsfreien Anerkennung und Auseinandersetzung mit Konflikten und in der Entwicklung neuer Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen und Probleme. Strukturen und Handeln gehen dabei ineinander über. Technologie kann hier ein wichtiger Enabler sein – aber nie der alleinige Treiber von Innovation. Der Erfolg von Innovationen hängt letztlich davon ab, wie gut es gelingt, technische, wirtschaftliche, politische, ökologische, soziale und organisatorische Aspekte zu verstehen, zu berücksichtigen sowie in Einklang zu bringen, um dadurch echte Verbesserungen für die Gesellschaft zu schaffen.
Mehr zum Thema Innovation und Innovationstransfer in der empirischen Studie zum Phänomen „Innovationstransfer als sozialorganisatorischer Prozess“ von Dr. Tilmann Drebes.